News: Warum es den Kempa-Trick jetzt auch beim Fußball gibt
Der U19-Keeper der TSG 1862/09 Weinheim schafft es an die Torwand des ZDF-Sportstudios.
Originaltext aus den Weinheimer Nachrichten vom 04.12.2024
Den Kempa-Trick verbindet man in erster Linie mit dem Handball. Dabei wird der Ball auf einen vom Wurfkreis in Richtung Tor springenden Spieler gepasst, der ihn in der Luft fängt und dann sofort auf das Tor wirft, bevor er wieder den Boden berührt. Uraufgeführt und initiiert wurde er am 24. März 1954 im Länderspiel zwischen Deutschland und Schweden in der Karlsruher Schwarzwaldhalle gleich mehrfach von seinem Namensgeber Bernhard Kempa.
Spätestens seit dem späten Samstagabend gibt es den Kempa-Trick aber auch im Fußball – natürlich in abgewandelter Form. Hier schnappt sich der Torwart auf Höhe der Mittellinie einen ruhenden Ball (Freistoß), drischt ihn mit aller Kraft in den gegnerischen Strafraum, und das Leder senkt sich hinter dem verdutzt dreinblickenden gegnerischen Keeper ins Netz. Ein probates Mittel in den Schlusssekunden eines Spiels, wenn die Partie Spitz auf Knopf steht.
Zu bewundern war dieses Kunststück zu später Stunde in einem wackeligen Amateurvideo im ZDF-Sportstudio. In Perfektion ausgeführt wurde es bereits am 17. September von Lukas Kempa, dem 17 Jahre alten Torwart der U19 der TSG 1862/09 Weinheim, in der Nachspielzeit der Achtelfinalpartie der TSG-Junioren im bfv-Verbandspokal gegen den Bundesliga-Nachwuchs des SV Sandhausen.
Nach turbulentem Spielverlauf traf Kempa, der erst im Winter 2023/24 just aus Sandhausen nach Weinheim gewechselt war, zum 4:4-Ausgleich, der die Zweiburgenstädter in die Verlängerung brachte. Dort besiegelten dann zwar Jonas Waldmann und Till Wiesendanger das vorzeitige Aus der TSG 1862/09, doch die Szene des Spiels hatte eben Lukas Kempa geliefert.
Nervenflattern an der Torwand
Als Belohnung für die Welturaufführung des fußballerischen Kempa-Tricks durfte der Schüler des Mannheimer Ludwig-Frank-Sportgymnasiums in der Nacht zum Sonntag dann sogar gegen ZDF-Expertin Friederike „Fritzy“ Kromp an der legendären Sportstudio-Torwand antreten. Hier flatterten dem 17-Jährigen zwar die Nerven, sodass die Cheftrainerin der U20-Frauenmannschaft und Nachwuchskoordinatorin der Frankfurter Eintracht mit 1:0 die Oberhand behielt. Die Sympathien der Zuschauer an den Bildschirmen sowie im ZDF-Studio auf dem Mainzer Lerchenberg gehörten aber zweifellos dem jungen Keeper aus der Verbandsliga-Mannschaft von Trainer Hendrik Härtel. Bezeichnend hierfür war die Aussage von Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein: „Unabhängig vom Ergebnis an der Torwand war das mit Abstand das schönste Tor, das wir hier seit Langem gesehen haben.“
Fast schon klar also, dass Kempa rückblickend von einer „richtig coolen Erfahrung“ spricht – obwohl er sich angesichts seiner Nullnummer an der Torwand im Laufe der Woche auch so manchen Spruch von seinen Mitspielern und Trainern anhören musste. So frotzelt beispielsweise Hendrik Härtel: „Zumindest einen Treffer hätte ich von Lukas schon erwartet. Gerade, weil er für einen Torwart auch ein super Fußballer ist.“ Auch er selbst habe „fest mit mindestens einem Treffer gerechnet“, gibt Lukas Kempa im Gespräch mit dieser Redaktion zu. „Bei den Probedurchgängen vor der Sendung habe ich schließlich einmal drei Bälle versenkt, beim zweiten Mal habe ich dann immerhin noch zweimal getroffen.“
Stolz auf den Auftritt im Sportstudio
Gleichwohl überwiegt bei dem Schüler der Stolz darüber, es überhaupt ins Sportstudio und an die Torwand geschafft zu haben – „und auch für die anderen Jungs war es bestimmt cool, ihren Kumpel mal live im Fernsehen zu erleben“, sagt er. Denn: „Es gibt wohl nur ganz wenige, die das Sportstudio und die Torwand nicht kennen. Für jeden Fußballer ist es doch ein Traum, und auch eine Auszeichnung, dort einmal mitmachen zu dürfen.“
Zufälliges Treffen mit den Profis
Garniert wurde Lukas Kempas TV-Premiere – nach Mainz wurde der 17-jährige, der beim ASV Feudenheim schon im Kindergartenalter das Fußball-ABC erlernte, von seinen Eltern und seiner Schwester begleitet – von einem „supercoolen Wochenende“ in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt. Übernachtung im Hotel auf Kosten des ZDF inklusive. Und hier wartete sogleich ein weiterer Höhepunkt. Lukas Kempa: „Ich habe aus Versehen im Fahrstuhl die falsche Etage gewählt – und als die Tür aufging, stand auf einmal die gesamte Hoffenheimer Profi-Mannschaft vor mir. Die TSG hat sich im gleichen Hotel auf ihr Auswärtsspiel beim FSV Mainz 05 am Sonntag vorbereitet.“
Wie kam Kempa überhaupt nach Mainz?
Bleibt die Frage, wie er überhaupt nach Mainz gekommen ist – beziehungsweise, wie das Video des fußballerischen Kempa-Tricks den Weg in die Sportstudio-Redaktion gefunden hat.
Erklärt wird das Prozedere leicht verständlich auf der Website des Fernsehsenders: „Zeigen Sie uns, was Sie am Ball können! Filmen Sie Ihre besten Tricks, Treffer und Tore und laden Sie diese auf dem Portal fussball.de/torwand oder der Seite hartplatzhelden.de/torwand oder über das auf dieser Seite unten zu findende Upload-Tool hoch. Mit etwas Glück werden Sie (Mindestalter 16 Jahre) ausgewählt, reisen mit einer Begleitperson ins Aktuelle Sportstudio und treten dort gegen die Profis bzw. Promis an der Torwand an.“
Nichts leichter als das. Mag man meinen. Doch kein Weinheimer Zuschauer, Spieler oder Offizieller hatte Lukas Kempas Knaller von der Mittellinie mit dem Handy gefilmt. Außer den Augenzeugen vor Ort bekam niemand Wind von diesem sehenswerten Treffer. Obendrein wird auf dem Onlineportal fussball.de – wie bei den Weinheimer Nachwuchsteams üblich – nicht einmal der Name des Torschützen genannt. Es ist nur nachzuvollziehen, dass der Spieler mit der Rückennummer 1 in der dritten Minute der Nachspielzeit zum 4:4 getroffen hat. Angesichts des 4:6-Endstands fast schon eine Randnotiz.
„Ich wollte da eigentlich auch nichts unternehmen. Meine Mama hat aber nicht lockergelassen“, berichtet Lukas Kempa. Der SV Sandhausen habe das gesamte Spiel mit einer Kamera aufgezeichnet, führt er aus – „und dann habe ich eben den Trainer, den ich aus meiner Zeit dort noch kenne, ihr zuliebe mal angetextet.“ Antwort: Fehlanzeige. Das änderte sich erst, als sich seine Mutter direkt einschaltete und den SVS um die Herausgabe des Videomaterials bat. Nun lieferte der Ex-Club, den Rest erledigte Mama Kempa. Und tatsächlich flatterte dann irgendwann die Einladung nach Mainz ins Haus. Lukas Kempa hatte einen echten Volltreffer gelandet.
Sandhausen, SV Waldhof, 1. FC Kaiserslautern, Hoffenheim
Das hat er nach eigenem Dafürhalten übrigens auch mit seinem Wechsel nach Weinheim getan, wo er bereits für ein Jahr in der U15 – wohlgemerkt als Innenverteidiger – gespielt hatte. „Ich habe in der U17 von Sandhausen auch aufgrund einer schweren Verletzung nicht mehr so viel gespielt, wurde dann im Winter von Hendrik Härtel gefragt, ob ich nicht zur neuen Saison zur TSG zurückkommen möchte“, erinnert sich der Nachwuchskeeper, der vor seiner Zeit in Sandhausen auch schon beim SV Waldhof, beim 1. FC Kaiserslautern sowie bei der TSG Hoffenheim am Ball gewesen war. Er wollte – und das sogar schon ein halbes Jahr früher.
Mit Weinheim in die Oberliga
Mit der Weinheimer U17 schrammte er im Frühsommer nur um Haaresbreite am Aufstieg in die Oberliga vorbei, ein halbes Jahr später klopft er nun mit der U19 ans Tor der höchsten Spielklasse des Bundeslandes. „Natürlich ist das unser großes Ziel, auch für den gesamten Verein wäre das meiner Meinung nach eine tolle Sache. Aber es ist noch ein weiter Weg“, sagt Kempa. Für ihn selbst wäre es auch eine gewisse Bestätigung: „Ich bin aus der Oberliga zurück in die Verbandsliga gewechselt, um Spielpraxis zu sammeln. Denn das ist für jeden Jugendspieler in meinen Augen am wichtigsten. Und oftmals bringt ein vermeintlicher Schritt zurück einen ja auch ein gutes Stück voran.“
Der Trainer lobt: „ein super Typ“
Weise Worte eines 17-Jährigen, der von seinem Trainer in den höchsten Tönen gelobt wird: „Lukas ist ein super Typ und wird für seine offene und herzliche Art in der Mannschaft geschätzt. Er ist auf und neben dem Platz ein sehr wichtiger Bestandteil unseres Teams. Es macht uns allen großen Spaß, mit ihm auf dem Platz zu stehen“, sagt Hendrik Härtel – und fügt hinzu: „Ich bin überzeugt, dass er bei uns seinen Weg in Richtung erste Mannschaft gehen kann.“
Den Weg ins ZDF-Sportstudio hat er mit seinem ganz persönlichen Kempa-Trick bereits gefunden.